KATEGORIEGesellschaft

NSA forever oder: Abhören kann nicht nur die Stasi

Als in einer harmlosen Strafsache tätiger Strafverteidiger bin ich bereits abgehört worden, lange bevor es die gesetzliche Grundlage dafür gab. Mein Mandant wurde abgehört und ich mit! Das war 1998.

Ich habe davon nie erfahren und hätte dies auch nicht, wenn ich nicht zufällig für den gleichen Mandanten in einer ausländerrechtlichen Sache beauftragt gewesen wäre und hier Akteneinsicht angefordert hätte.

Irgendeiner in dieser Aktenversendungs-Abteilung hat wohl geschlafen. Ich erhielt somit versehentlich alle Akten – auch solche, die offensichtlich niemals für Externe gedacht waren.

Ich habe verwundert einen riesigen Karton geöffnet und nicht beabsichtigt, alles zu lesen, bis ich zufällig auf die Telefonprotokolle der Staatsanwaltschaft gestoßen bin – Wortprotokolle mit meinen umgangssprachlichen Erklärungen und meiner Art Dinge auszuführen ….

Seitdem weiß ich, dass der Schritt vom Rechtsstaat zum Überwachungsstaat längst gegangen ist. Das macht mich traurig, denn als ich anfing Jura zu studieren, habe ich gedacht, zwischen all diesen dubiosen Staaten auf der Welt und der Bundesrepublik gibt es einen großen Unterschied.

Die Menschen, die diesen Rechtsstaat gerade aushebeln, werden irgendwann in ihre eigenen Fallstricke laufen… wie ein verrückter Südafrikaner, der um Einbrecher zu stellen, im eigenen Garten Tretminen vergräbt. 

All comes back one fine day.. .oder etwas buddistischer: das Böse, das man verstreut verschwindet nicht, es kommt immer irgendwie wieder… ich versuche daraus eine Lehre zu leben: Kant und sein Imperativ weisen den Weg… es hilft nur nicht gegen den Lauscher direkt – aber meine Oma sagte schon, „Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand´“…

Das hilft auch noch nicht… also was tun?

An der Urne entscheidet sich das, was geändert werden soll. Zuhören bei den Politikern und Konsequenzen ziehen. Wenn Sozialdemokraten und Liberale da mitmachen, dann haben sie vergessen, in welcher Partei sie sind!

Wie wichtig Wahlen sind, zu denen Menschen aus Überzeugung gehen, sieht man derzeit in Thailand, wo ein geistige Elite Wahlen verhindern will, weil sie befürchtet, dass die einfache Landbevölkerung durch finanzielle Gaben zur Bestätigung eines korrupten Systems manipuliert werden.

Die demokratische Gesellschaft

Die demokratische Gesellschaft innerhalb einer kapitalistischen Struktur auf der Basis der sozialen Marktwirtschaft hat Schwächen, sicher, aber Klaus von Dohnanyi hat es kürzlich treffend beschrieben: diese unsere Ordnung hat Schwächen, die immer wieder behoben werden müssen. Trotzdem, es ist das kleinere Übel, da es ein von Menschen gemachtes Struktursystem ist, mit den typischen Fehlern, die es immer wieder zu vermeiden gilt. Das kurze Gedächtnis, das extrem linke und extrem rechte Gruppen teilen, muss dazu führen, dass Demokraten, ob sie in der FDP, SPD, CDU/CSU oder der wohl mehrheitlich auch demokratischen Linken, dem Bündnis 90/Grüne beheimatet sind, diesen vergesslichen politisch ambitionierten, oft in gutem Glauben, in Erinnerung bringen, dass man Menschen nicht hinter Mauern einsperren kann und darf und dass die Basis einer jeden Regierung nur die freiheitlich demokratische Struktur sein darf. Freiheit heisst aber immer auch, die Freiheit des Andersdenkenden zu respektieren und dies gilt für alle Farben. Wenn Frau Lötzsch also über den Kommunismus sprechen und nachdenken will, dies auch laut und öffentlich, ist das ihr gutes Recht, und wir können ihr und ihrer Partei folgen oder nicht. Wir haben auch die Pflicht zuzuhören und zu entgegnen, wo es falsch wird oder unsere eigene oder unsere offizielle Verfassung tangiert. Dann gilt es zu argumentieren und zu kritisieren. Aber Demokratie heisst auch, einen Menschen und Politiker sprechen zu lassen, auch wenn das Gesagte nicht gefällt.

Chodorkowski – Freilassung Putins Amnestie ein Weihnachtsgeschenk? Menschenrechtsrat forderte Aufhebung des Urteils

Mikhail Khodorkowsky (Chodorkowski) – ein moderner Held

Ihm, wie den anderen Helden des 21. Jahrhunderts – Assange, Swartz, Snowden – ist gemein, von ihren Staaten verfolgt worden zu sein, die Gemüter zu spalten.

Zwei von ihnen konnten sich der Verfolgung bis heute entziehen, Swartz hat den Freitod gewählt, Assange ist in einer Botschaft Gefangener in einem freien Land – Chodorkowski liess sich 10 Jahre seines Lebens nehmen um als Phönix aus der Asche wieder aufzuerstehen. Er könnte der neue Mandela Russlands werden. Mag seine Weste nicht ganz so weiss sein, wer mag das beurteilen?

Der erste Prozess gegen Chodorkowsi

Im ersten Prozess gegen Chodorkowski (und Lebedew) wurden diese wegen Steuerhinterziehung und Betrugs 2004 und 2005 zu acht Jahren Haft verurteilt.

2010 wurde die Strafe bis 2016 verlängert, ein Moskauer Gericht reduzierte 2012 das Strafmaß um zwei Jahre (das Urteil ging über die gesetzlichen Sanktionen hinaus). In einem Rechtsstaat, der Willkür ausschließt, ist das Gebot „Keine Strafe ohne Gesetz“ oberste Maxime. Ein Urteil, das über das gesetzlich bestimmte Strafmaß hinausgeht, ist ein Willkürurteil, wie es nur in einem Unrechtsregime möglich ist. Dass Russland kein Rechtsstaat ist, ist bekannt.

Als Chodorkowski verhaftet wurde, hatte er ein Vermögen von 11 Milliarden Euro.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof stellte bei den Strafverfahren gegen ihn Grundrechtsverstöße fest.

Chodorkowski hatte  seine Schuld nie eingestanden.
Ist er ein zwielichtigen Milliardär oder sollen wir das nur glauben? Wer weiß das? Ein Prozess, wie er in Russland gegen ihn geführt wurde, ist nicht geeignet, dies festzustellen. Zu groß sind die Zweifel, zu gefärbt und „gewünscht“ die Richtersprüche.

Heute wird er als „moralische Instanz“, beschrieben, so zum Beispiel von der russischen Menschenrechtlerin Alexejewa. (S)eine eigene Internetpräsenz zeigt die ganze Geschichte chronologisch, politisch, kritisch und wohl mit mehr richtigen Hintergründen.

www.khodorkowsky.com

10 Jahre Haft – ein hoher Preis für Charakter

Chodorkowski, inzwischen 50, hat 10 Jahre in russischen Gefängnissen verbracht. Was sieht man in seinem Gesicht, wenn man in der Lage ist aus Gesichtern zu lesen? Einen offenen, klugen, nicht gescheiterten Menschen.

Wie schuldig kann jemand sein, der sich trotz angebotener Begnadigung zehn Jahre lang weigert, seine Schuld einzugestehen?

Chodorkowski – sein Leben

Chodorkowski gründete Anfang der 90er eine Privatbank, erwarb zusammen mit Lebedew, Anteile an Jukos.

Ende der 90er-Jahre unterstützte er Wohltätigkeitsprojekte. Anfang 2003 kam es zwischen Putin und einigen Unternehmern zu einem Zerwürfnis, dabei kritisierte Chodorkowski die Korruption. Als im gleichen Jahr Lebedew festgenommen wurde, war klar, dass er nun auch nicht mehr sicher war.

Man warf ihm u.a. vor, Öl von Jukos unterschlagen zu haben, dessen Eigentümer er nach wie vor war.

Und, wie in allen Unrechtsstaaten: Die Anschuldigungen und Beschuldigungen sind in der Regel absurd oder abstrus…

Das Oberste Gericht Russlands, erklärte in einem Versuch Rechtsstaatlichkeit herzustellen, die Strafe im zweiten Prozess sei zu hart ausgefallen.

Das Gutachten und Gurijew

Spekuliert wurde, dass ein neuer (dritter) Prozess eröffnet werden könnte. Anlass dafür waren Verhöre von Rechts- und Wirtschaftsexperten, die 2011 ein Gutachten über den zweiten Prozess gegen Chodorkowski verfasst hatten. Die Gutachter u.a.: eine ehemalige Richterin des Verfassungsgerichts, Tamara Morschtschakowa und Sergej Gurijew.

Gurijew wurde vom russischen Ermittlungskomitee vor nicht allzu langer Zeit als Zeuge geladen. Wissen muss man, dass er Inhaber des Instituts NES ist, das auch am Gutachten, das Medwedjew in Auftrag gegeben hatte beteiligt war. Die 6 Gutachter einhellig: Das Verfahren gegen Chodorkowski: „unhaltbar“.

Vorhersehbare Konsequenz: alle Gutachter wurden verhört, deren Büros durchsucht. Die Gutachter rechneten mit einer Anklage wegen „Behinderung der Justiz“, mit Haftstrafen bedroht.

Chodorkowski würde nämlich 2014 entlassen, was verhindern werden sollte. Interessanter Nebenkriegsschauplatz: Gurijew hatte für eine Stiftung von Nawalny einige wenige hundert Euro gespendet. Das rückte ihn nun in den Focus, weshalb er nun in Paris lebt – weniger des berüchtigten Nachtlebens wegen, als wegen seiner geäußerten Abneigung gegen russische Gefangenenlager.

DER SPIEGEL berichtete über das Vorgehen gegen ausländische Unzterstützer

Offensichtlich war: Man brauchte Material für einen weiteren Prozess gegen Chodorkowski.
DER SPIEGEL deckte auf, dass im Zuge dessen nun sogar gegen ausländische Unterstützer vorgegangen wurde.

Da Chodorkowski in den vergangenen 10 Jahren ununterbrochen inhaftiert war, konnte er keine weiteren Straftaten in diesem Zeitraum begangen haben. Also musste ein Delikt gefunden werden, das er aus dem Gefängnis heraus begangen haben konnte.

Die Rechtsexperten, die in ihrem Gutachten die Urteile als „rechtswidrig“ eingeschätzt hatten, u. a. Prof. Dr. Otto Luchterhandt, boten hier die Grundlage. Ein Rechtshilfeersuchen erging an die Bundesrepublik wegen Prof. Luchterhandt, dem vorgeworfen wurde, er sei „Kritiker der Staatsorgane der Russischen Föderation“ und wegen Zahlungen von Chodorkowski abhängig. Luchterhandt erhielt den Rat, Russland zu meiden.

Im Magazin DER SPIEGEL in der Ausgabe 43/2013
 hat Christian Neef diesen interessanten und bezeichnenden Zwischenfall beschrieben. Luchterhandt wollte nicht nur nach Russland fliegen, sondern hatte  nach der Spiegel Recherche bereits für sich und seine Familie Flüge nach Russland gebucht.

Das Schreiben an die Bundesrepublik kam von dem für Schwerverbrechen zuständigen Ermittlungskomitees der Russischen Föderation mit dem die „Vernehmung“ Luchterhandts „beantragt“ wurde…

Juristisch nennt man dies ein „Rechtshilfeersuchen“.

Nach dem Bericht des Spiegels steht in dem Schreiben, „Die Untersuchung in diesem Strafverfahren geht weiter.“ und „Die ins Ausland geflüchteten „Glieder“ der organisierten Gruppe unter Leitung Chodorkowskis“ seien dabei, gestohlene Ölmilliarden zu waschen und mit diesen Geldern russische und ausländische Experten zu kaufen.“

Chodorkowshi sei der Kopf einer internationalen Organisation.

Medwedew hatte mit der Beauftragung eines Gutachtens, das Grundlage für die weiteren Recherchen war, wohl ein Eigentor geschossen.

Mit dem Gutachten wurde amtlich, was allen bekannt war: Die Verfahren waren höchst rechtswidrig.

Der Spiegel zitierte aus dem Gutachten, dass dieses „krass rechtswidrig“ sei, weil es die Angeklagten „wegen Straftaten verurteilt, die sie nicht begangen haben“.

Luchterhandt sollte als Zeuge 37 Fragen beantworten. Laut Spiegel lasen sich diese wie eine Anklage.

Klar war, dass die Bundesrepublik das Ersuchen zurückwies und Prof. Luchterhandt von der Reise abriet.

Der Spiegel berichtete, dass laut Leutheusser-Schnarrenberg „der russischen Justiz in diesem Fall aus Erfahrung nicht zu vertrauen sei…“.

Die insgesamt 15 Experten, sollten mit Yukos Geld, (also dem Chodorkowski gehörenden aber von ihm veruntreuten Geld) bezahlt worden sein….

Mit den veruntreuten Geldern sollten Veränderungsversuche der Gesetzgebung der Russischen Föderation finanziert werden.

Problem: Chodorkowski wollte, sobald er wieder in Freiheit war, an die Macht.

Dazu braucht er die Duma, die die Verfassung ändert, was nicht unrealistisch war.

Putin hätte dann, wie ein Blogger schreibt, „in eine seiner Residenzen fahren und den Rest seines Lebens mit Angeln und Bären pflücken verbringen können“. Witzigerweise hat der Blogger „Beeren pflücken“ mit „Bären pflücken“ verwechselt. Vorstellbar ist aber bei einer Persönlichkeit wie Putin, dass er „Bären“ pflückt (killt), aber nicht „Beeren pflückt“.

Chodorkowski war nur politisch interessiert, um YUKOS besser umstrukturieren zu können…

Putin hingegen handelte dabei sogar im europäischen Interesse (vor allem aber im Interesse der Bundesrepublik).

Wäre es also gelungen,ein schweres Staatsdelikt nachzuweisen, gäbe es die Problematik mit der Verjährung nicht.

Marieluise Beck, MdB, hat auf ihrer Website zum zehnten Jahrestag der Verhaftung von Michail Chodorkowski erklärt:

„Morgen jährt sich die Festnahme von Michail Chodorkowskis zum zehnten Mal. Sein Fall ist inzwischen weltweit zum Symbol für die fehlende Rechtsstaatlichkeit in Russland geworden. Michail Chodorkowski und sein Geschäftspartner Platon Lebedew sind damit die derzeit am längsten in Haft befindlichen gewaltlosen politischen Gefangenen Russlands, für deren Freilassung sich auch Amnesty International einsetzt.“…

Sie kritisiert dann die Tatsache, dass Putin nun auch diejenigen ins Visier nimmt, die an einem Gutachten beteiligt waren.

„Bereits seit mehreren Monaten stehen angesehene Rechtsexperten unter Druck, die im Auftrag des damaligen Präsidenten Medwedew an einem kritischen Gutachten über das zweite Chodorkowski-Verfahren mitgewirkt haben. Ihre Büros wurden durchsucht, sie selbst zu mehrstündigen Vernehmungen geladen.“

http://marieluisebeck.de/artikel/24-10-2013/zehn-jahre-inhaftierung-chodorkowskis-jetzt-auch-deutscher-rechtsexperte-im#sthash.JrbHMEPi.dpuf

Hintergrund der nun erfolgten Freilassung von Chodorkowski:Der Menschenrechtsrat hat die Staatsanwaltschaft und die Ermittlungsbehörde aufgefordert, das Verfahren gegen Chodorkowski und Lebedew wegen „sich neu ergebender Umstände“ nochmals aufzurollen und für eine Aufhebung des Urteils zu sorgen. Es wurden wohl zwei Strafen für eine Tat verhängt. Chodorkowski wurde also für ein- und diesselbe Tat doppelt bestraft!

Das 400 Seiten umfassende Gutachten spricht von schweren prozessualen Fehlern und einem „Justizirrtum“. Völlig unhaltbar dabei: Kauf- und Verkaufsgeschäfte als „Diebstahl“ zu bewerten – da das erste Urteil nur unterstellte, die Gewinne daraus nicht ordnungsgemäß versteuert zu haben.

Michail Fedotow, Leiter des Gutachter Gremiums teilte mit, Chodorkowski habe sich beim Handel mit Öl an die russischen Gesetze gehalten.

Chodorkowski jedenfalls erhielt den ihm am 14.12.2010 verliehenen deutschen Menschenrechtspreis zu Recht.

Interessant, dass in einem Land wie Russland so mit Recht und Gesetz umgegangen wird und alle Welt nur nach China blickt. Dabei liegt das „Böse“ doch so nah… Bleibt zu hoffen, dass es irgendwann auch einen Klitschko für Russland geben wird.

Ein Chodorkowski ist dort gescheitert. Nicht charakterlich, nicht menschlich, nicht moralisch – aber in der Sache. Leider – wie reich, stark und groß muss ein Herausforderer sein, der dem Tyrannen Einhalt gebieten kann? Oder ist es nur noch nicht an der Zeit? Wehe Putin, wenn Russland aufsteht. Es hat schon einmal bei den Romanows gezeigt, wie es mit dieser Art Mensch umgeht.

Edward Snowden, The Press And Its Original Mission

In the New Yorker from the 24th of June 2013, John Cassidy, a remarkable open minded brain, pointed to the right focus: the mission of the press.

It is a question of an open, free society, free press, free world in opposition to these countries, that do not have this: Cuba, Venezuela, Russia, China, North-Korea.
The worst in the end…

Snowden did not do wrong! The NSA failed and with them the Goverment of the United States.

He did not harm – the Goverment of the United States is to be blamed.

He announced the crime, he did not commit it.

These are some Statements from the article, John Cassidy wrote:

“This is an individual who is not acting, in my opinion, with noble intent,” General Keith Alexander, the head of the National Security Agency, told ABC’s “This Week” on Sunday. “What Snowden has revealed has caused irreversible and significant damage to our country and to our allies.”

No! Not what he did – but what The NSA did!!! He just made it public.

John Cassidy spent eighteen years at The New Yorker, but did not loose his clear mission:

„In this case, though, I’m with Snowden —not only for the reasons that Drake enumerated but also because of an old-fashioned and maybe naïve inkling that journalists are meant to stick up for the underdog and irritate the powerful. On its side, the Obama Administration has the courts, the intelligence services, Congress, the diplomatic service, much of the media, and most of the American public. Snowden’s got Greenwald, a woman from Wikileaks, and a dodgy travel document from Ecuador.“

I am on the side of the right one, the one who did not kill, but told the public who killed! Of course the killer is huntung him now!

Edward Snowden, 29 Jahre

Wie kann man 21 Jahre alt und so mutig sein oder ist es Übermut? Julian Assange mit Wikileaks hat es vorgemacht, Bradley Manning war der Robin Hood des 21. Jahrhunderts, der US amerikanische Kämpfer für Freiheit und Bürgerrechte gegen staatliche Übermacht und staatlichen Machtmissbrauch.

Und jetzt gibt es einen Matthias Rust bei der NSA. Prism als der neue Rote Platz.
Einen, der auszog, um mit einer Propellermaschine auf dem Roten Platz in Moskau zu landen, nur diesmal im Land der Freiheit, sinnigerweise ein Spionageprogramm namens Prism – „Nomen est Omen“. Dieses Mal ist es ein junger US Amerikaner, der den Mut hat, eine Weltmacht an ihrer sensibelsten Stelle anzugreifen, ohne zu zögern, den Dolch vor Augen. Ein neuer David.

Wenn er schlau und kritisch ist, wird er wissen, dass Amerika Mittel und Wege finden wird, ihn von Hongkong nach Nordamerika ausliefern zu lassen.

Was wäre richtig für eine Supermacht? Für eine Demokratie des 21. Jahrhunderts? Eine Nabelschau, einen kritischen Blick in den Spiegel wagen, ein reflektiertes Reagieren auf einen aufgedeckten peinlichen, schrecklichen, überzogenen Umgang mit Überwachung.

Amerika, das dem Ostblock jahrzehntelanges Überwachungsfehlverhalten „Stasi Methoden“ und Missbrauch an jeder Stelle während des kalten Krieges vorgeworfen hat.

Amerika, das Land der Freiheit und der Freiheitsrechte, das Land der freien Rede, des freien Denkens. Amerika kein bisschen besser als die so oft kritisierten Schurkenstaaten.

Natürlich kann Obama in Reden die Kraft und die Macht und die Energie der amerikanischen Bürger loben und für ein Zusammenstehen in schweren Zeiten werben. Ihm gelingt mit viel Überzeugungskraft ein gemeinsames Einstehen einer Nation weltweit zu suggerieren und dafür Bewunderung in Reportagen über das viel gelobte Land einzusacken.

Wie oft haben wir Europäer, zaudernd, ängstlich und wenig Nationensinn habend, mit Bewunderung über den großen Teich geblickt.

Wenn wir doch auch so wären wie die Amerikaner, ein Volk – gleich welcher Rasse, Hautfarbe oder Religion!

Aber wie bei jeder Fassade sieht man die Realität erst, wenn man dahinter blickt. Wie bei einer Opern Diva, wenn die künstlichen Wimpern abgenommen, die Theater Schminke entfernt und das Haarteil auf dem Schaumkopf liegt, erkennt man das wahre Antlitz.

Wenn Obama auf der internationalen Bühne die Klaviatur der Menschlichkeit, der Völkerverständigung und des Friedens spielt, dann klingt dies wie die Diva, die beseelt von Kunst und der Größe des Komponisten gleich einer Callas seelenvoll die Welt vergessen macht und nach beendetem Auftritt die Garderobiere schändlich schlecht behandelt.

Amerika redet von Freiheit und Gerechtigkeit und überwacht und bespitzelt im Namen von Sicherheit seine eigenen Bürger, Menschen weltweit.

Und dann gibt es da einen jungen mutigen Mann, einen Volkshelden á la Assange, einen modernen Ritter, einen, der die eine Backe hinhält und die andere und der zeigt, dass es immer Menschen gibt, die uns beschämen, die wir bewundern und denen wir dankbar sein müssen. Sie gilt es zu unterstützen, sich dafür einzusetzen, dass deren Mut nicht im Meer der Feigheit und Untätigkeit ergebnislos versinkt. Edward Snowden, wir danken dir!

Wulff und die Ungerechtigkeit

Nach ihm wurde das „Wulffen“ benannt …
– Oder wie weit geht Pressefreiheit und staatsanwaltliche Vorverurteilung?

Eines vorweg: Wulff war nie ein Sympathieträger! Er war nie der Präsident der Herzen. Andere Präsidenten vor ihm auch nicht, die waren allerdings smarter, traten weltmännischer und geschulter auf, wirkten selbstbewusst bis selbstherrlich und vermittelten jedenfalls den Eindruck von Kompetenz.

Den „elderly Statesman“ nahm man ihm genausowenig ab, wie er vergleichbar war mit dem Weizsäckerschen Geist und dessen edel-elegant wirkenden kühl- rational und rhetorisch geschulten Intellektualität.

Er war und blieb der Typ Realschullehrer, Passat Kombi, Reiheneckhaus.

Das wenig ambitionierte beschaulich bescheidene Einfamilienhaus in Hannover bestätigt diesen Eindruck, gleich mit welchem Zinssatz es finanziert worden war.

Was werfen wir Wulff also vor?

1. dass er deutlich unattraktiver als Guttenberg war

2. spießig und langweilig wirkte,

3. keine Brioni Anzüge trug,

4. immer irgendwie krank und blässlich aussah und dabei

5. den Eindruck vermittelte, auch im Farbfernsehen in Schwarzweiß ausgestrahlt zu sein.

Nein: er hat unbeholfen, linkisch, dumm, unsicher, trotzig, verspätet und in jeder Hinsicht falsch reagiert.

Aber reicht das aus? Reicht das wirklich aus, um einen Bundespräsidenten aus dem Amt zu jagen?

Nein. Es ging um Korruption, es ging um Vorteilsannahme!

Also doch?

Wenn – wie dies der Tagesspiegel online am 25.03.2013
in einem Artikel von Christoph Seils berichtet – tatsächlich 24 Staatsanwälte damit befasst waren, herauszufinden, was wirklich strafrechtlich relevant an seinem Verhalten war und am Ende 770 € übrig bleiben, die er angenommen hat, durch Zahlung eines Hotelzimmers – was dann?

Ist das Korruption, Vorteilsannahme?

Was, wenn ihm ein Kaugummi von einem, der sich Vorteile von ihm verspricht oder durch ihn erhält, angeboten wird? Darf er den annehmen? Einen Blumenstrauß? Wenn er zum Kaffee oder zum Mittagessen eingeladen wird?
Ist eine Nacht für 300 € in einem Fünfsternehotel bereits Vorteilsannahme oder müssen es zwei Nächte sein? Darf er einfach gar nichts annehmen? Ist die Grenze null?

Wer wäre bei einem Weizsäcker, wer bei einem Roman Herzog oder einem Johannes Rau auf die Idee gekommen, darüber nachzudenken, dass diese bestechlich seien? Selbst wenn diese eine Woche eingeladen worden wären…

Woran liegt es also, dass wir bei ihm diesen Gedanken haben und verfolgen?

Er ist uns nicht sympathisch, deshalb sind wir alle ungerecht!

Darf dieses Gefühl so weit gehen und dazu führen, diese Hetzjagd, diese Medienschelte, diese Vorverurteilung auszulösen?

Wir haben einen wenig charismatischen, langweiligen, spießigen Menschen, der sicherlich pünktlich, zuverlässig und ordentlich ist, zum Bundespräsidenten gemacht.

Die Suppe hat uns nicht geschmeckt. Als wir dann ein Haar in der Suppe fanden, haben wir die ganze Suppe ausgeschüttet!

Aber: so geht das nicht!

Dieses Verfahren muss vor einem Gericht stattfinden, es muss – wenn sich die Vorwürfe nicht beweisen lassen – zu einem Freispruch führen, zu einer Rehabilitation.

Die ganze unsägliche Diskussion über die Musik bei seiner Verabschiedung, die Berechtigung Bezüge zu erhalten und alle weiteren Vergünstigungen und sonstigen Privilegien, die Bundespräsidenten a.D. zustehen, muss eine Entsprechung in einem ordentlichen und fairen Gerichtsverfahren finden.

Wenn hier zu Unrecht vorverurteilt worden ist, was sehr naheliegend ist, dann muss eine öffentliche Rehabilitation in einem rechtsstaatlichen Verfahren erfolgen.

Stellt sich dabei heraus, dass die Vorwürfe unberechtigt waren, hat sowohl die Presse als auch die Staatsanwaltschaft Hausaufgaben zu machen.

Seils spricht in seinem Artikel in diesem Zusammenhang von einem Geschehen, dass einer „politischen Hinrichtung“ gleichkommt. .

Er bezeichnet die Rolle der Medien als „fragwürdig“… erfreulich, die Selbstkritik der Medienvertreter.

In diesem Zusammenhang spricht er von einer Amtszeit, die den Eindruck vermittelt, dass es sich um einen „personellen und politischen Ausrutscher“handelte.

Nach seinen Aussagen beziehungsweise der Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung ging es in dem Verfahren noch um 400-770 €.

Mag ja sein, dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Übernahme von Übernachtungskosten , die in diesem Rahmen liegen, nahe legen, dass Bestechlichkeit vorgelegen haben könnte. Aus der Sicht eines vernünftigen, alle Umstände in Betracht ziehenden Betrachters, ist es bei Beträgen in dieser Höhe, bei einem Bundespräsidenten, mit der konkreten Einnahmesituation absurd auf den Gedanken der Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme zu kommen.

Das lässt sich ganz leicht an einem einfachen Beispiel veranschaulichen: ein Kellner in einem Berliner Nobel Restaurant, wird bei einen Trinkgeld von 20, 30 oder 50 € nicht vor Demut in Verzückung geraten. In einem Schwellenland oder einem Entwicklungsland wird ein Trinkgeld in dieser Höhe (im schlimmsten Fall) einem Monatslohn entsprechen.
Es kommt also darauf an, wer die Summe bekommt.
Hier müssen die Gerichte nun Kriterien liefern, anhand derer Korruption oder Vorteilsannahme angenommen werden kann. Dass dies am Amt, am Einkommen und an der konkreten Situation festzumachen ist, ist offensichtlich. Feste Raster, Summen und Grenzen wird es kaum geben können.
Letztlich wird es eine Einzelfallentscheidung sein müssen, da nur die Beurteilung der Gesamtumstände eine Einschätzung ermöglicht.

Dass es bei diesem Verfahren (bzw. dem Vorschlag, die „Sache einzustellen“) vermutlich nur noch darum geht, der Staatsanwaltschaft einen geordneten Rückzug zu ermöglichen, ist naheliegend.

Farblosigkeit, sich mit falschen Freunden umgeben und die mangelnde Fähigkeit zu erkennen, an welcher Stelle Transparenz und Information geschuldet ist, macht noch keinen Kriminellen aus einem Menschen.

Stellt sich heraus, dass die Vorwürfe lediglich ein kritisierbares und zu hinterfragendes Verhalten belegen – allerdings keinen Straftatbestand erfüllen, dann ist eine öffentliche Entschuldigung fällig.

Der Gesellschaft mit ihren Presseorganen, ihren Staatsanwaltschaften und den Richtern, die Durchsuchungsbeschlüsse erlassen, bleibt aufzugeben, in Zukunft mehr Verantwortung zu übernehmen. Das soll kein leerer Satz sein: Dies ist eine Aufforderung an die Gesetzgebung, auch außerhalb der (fruchtlosen, fristlosen und formlosen) Dienstaufsichtsbeschwerde Instrumentarien, Institutionen oder Mechanismen zu schaffen, die mit Sanktionsmassnahmen zeigen, was „Verantwortung übernehmen“ bedeutet.

Man kann und darf nicht leichtfertig und oberflächlich Menschen, Karrieren und Lebensläufe zerstören, ohne sich der Verantwortung bewusst zu sein und gegebenenfalls die Konsequenzen zu tragen.

Sympathie und Antipathie, politische Orientierung und Parteizugehörigkeit haben an dieser Stelle nichts zu suchen. Hier geht es um Rechtsstaatlichkeit, Werte und um faire Verfahren, die nicht erst vor Gericht zu beginnen haben.

Für die Staatsanwaltschaft ist dies nicht peinlich sondern sträflich, für Christian Wulff, den ehemaligen Bundespräsidenten, ein Desaster. Menschlich empfinde ich Empathie und bedaure seine Situation.

Der heilige Franz von Assisi und der heilige Pabst ? oder ein Busticket macht uns noch nicht zum besseren Menschen – es ist nur ein Anfang…

In der NZZ online am 13.03.2013 beschrieb es Nikos Tzermias, Rom, sehr gut:

„Nach seiner Wahl am Mittwochabend fuhr Franziskus mit den Kardinälen im Bus zur Unterkunft Santa Marta.“

So stelle ich mir einen Vertreter Gottes vor: bescheiden, demütig in Armut und Anspruchslosigkeit, den weltlichen (oberflächlichen) Freuden wie Luxus, Status, Machtdemonstration, Abgehobenheit entsagend.

Es wäre schön, wenn Franziskus es dem ursprünglichen Franziskus, der sich Franz von Assisi nannte, gleichtun wollte.

Tzermias berichtet in NZZ online am 13.03.2013 weiter unter dem Eye- und Braincatcher

„Appartment statt Bischofsresidenz“
…„dass Franziskus nicht nur mit seinem Namen ein klares Zeichen der Demut und Bescheidenheit setzen will, markierte auch schon am späten Mittwochabend auf der Rückkehr zum Gästehaus Santa Marta, wo er derzeit noch übernachtet. Er liess nämlich die bereitstehende Mercedes-Limousine stehen und fuhr zusammen mit den Kardinälen im Bus zur Unterkunft. Bereits als Erzbischof von Buenos Aires hatte er möglichst öffentliche Verkehrsmittel benutzt und nicht in der Bischofsresidenz, sondern in einem schlichten Appartment gewohnt.“

(Rechtschreibfehler wurden im Zitat korrigiert…)

Wie schöner und gerechter – und vielleicht auch besser – wären die Welten (Südamerika, Nordamerika und auch das „good old Europe“), wenn diese Werte „Bescheidenheit und Demut“ anstelle von Macht, Geld, Profitgier uns mehr bestimmen würden.

Schön, dass ein Vorbild wieder vorbildlich wird.

An die Kirche glaube ich nie (und nimmer), an das Gute im Menschen, dessen Förderung die Aufgabe aller Kirchen ist – und worin sie alle so kläglich versagen, teilweise Ursache für die schlimmsten Gewalttaten und Aggressionen waren und sind (von den Christen- und Judenverfolgungen, über die Kreuzzüge bis zu den Selbstmordattentätern, die in Gottes Namen sich und andere töten) – schon.

Wenn sie und ihr Oberhaupt sich darauf besinnen, könnte es während seiner Amtszeit ein wenig heller werden.

Und wenn Franziskus – ein Mensch wie wir alle – lernt und begreift, dass es keine Lösung sein kann, „die Sünder anzunehmen, die Sünden nicht“ und in gleichgeschlechtlicher Liebe oder Beziehung Sünde sieht, obwohl zwischenzeitlich erwiesen ist, dass es sich dabei um eine Normalität handelt und endlich den winzig kleinen Kondomen den riesigen und richtigen Stellenwert einräumt, der diesen gebührt, wird nicht nur die Umwelt in Bezug auf den Kohlenmonoxid Ausstoß durch einen Bus fahrenden Papst besser, sondern auch die Innenwelt der gläubigen, in gleichgeschlechtlicher Zuneigung verbundenen Menschen.

Dies ist Aufgabe der westlichen Kirche, sodass in 200 Jahren der Islam soweit kommen kann auch diese Erleuchtung zu erfahren…