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NSA forever oder: Abhören kann nicht nur die Stasi

Als in einer harmlosen Strafsache tätiger Strafverteidiger bin ich bereits abgehört worden, lange bevor es die gesetzliche Grundlage dafür gab. Mein Mandant wurde abgehört und ich mit! Das war 1998.

Ich habe davon nie erfahren und hätte dies auch nicht, wenn ich nicht zufällig für den gleichen Mandanten in einer ausländerrechtlichen Sache beauftragt gewesen wäre und hier Akteneinsicht angefordert hätte.

Irgendeiner in dieser Aktenversendungs-Abteilung hat wohl geschlafen. Ich erhielt somit versehentlich alle Akten – auch solche, die offensichtlich niemals für Externe gedacht waren.

Ich habe verwundert einen riesigen Karton geöffnet und nicht beabsichtigt, alles zu lesen, bis ich zufällig auf die Telefonprotokolle der Staatsanwaltschaft gestoßen bin – Wortprotokolle mit meinen umgangssprachlichen Erklärungen und meiner Art Dinge auszuführen ….

Seitdem weiß ich, dass der Schritt vom Rechtsstaat zum Überwachungsstaat längst gegangen ist. Das macht mich traurig, denn als ich anfing Jura zu studieren, habe ich gedacht, zwischen all diesen dubiosen Staaten auf der Welt und der Bundesrepublik gibt es einen großen Unterschied.

Die Menschen, die diesen Rechtsstaat gerade aushebeln, werden irgendwann in ihre eigenen Fallstricke laufen… wie ein verrückter Südafrikaner, der um Einbrecher zu stellen, im eigenen Garten Tretminen vergräbt. 

All comes back one fine day.. .oder etwas buddistischer: das Böse, das man verstreut verschwindet nicht, es kommt immer irgendwie wieder… ich versuche daraus eine Lehre zu leben: Kant und sein Imperativ weisen den Weg… es hilft nur nicht gegen den Lauscher direkt – aber meine Oma sagte schon, „Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand´“…

Das hilft auch noch nicht… also was tun?

An der Urne entscheidet sich das, was geändert werden soll. Zuhören bei den Politikern und Konsequenzen ziehen. Wenn Sozialdemokraten und Liberale da mitmachen, dann haben sie vergessen, in welcher Partei sie sind!

Wie wichtig Wahlen sind, zu denen Menschen aus Überzeugung gehen, sieht man derzeit in Thailand, wo ein geistige Elite Wahlen verhindern will, weil sie befürchtet, dass die einfache Landbevölkerung durch finanzielle Gaben zur Bestätigung eines korrupten Systems manipuliert werden.

Edward Snowden, 29 Jahre

Wie kann man 21 Jahre alt und so mutig sein oder ist es Übermut? Julian Assange mit Wikileaks hat es vorgemacht, Bradley Manning war der Robin Hood des 21. Jahrhunderts, der US amerikanische Kämpfer für Freiheit und Bürgerrechte gegen staatliche Übermacht und staatlichen Machtmissbrauch.

Und jetzt gibt es einen Matthias Rust bei der NSA. Prism als der neue Rote Platz.
Einen, der auszog, um mit einer Propellermaschine auf dem Roten Platz in Moskau zu landen, nur diesmal im Land der Freiheit, sinnigerweise ein Spionageprogramm namens Prism – „Nomen est Omen“. Dieses Mal ist es ein junger US Amerikaner, der den Mut hat, eine Weltmacht an ihrer sensibelsten Stelle anzugreifen, ohne zu zögern, den Dolch vor Augen. Ein neuer David.

Wenn er schlau und kritisch ist, wird er wissen, dass Amerika Mittel und Wege finden wird, ihn von Hongkong nach Nordamerika ausliefern zu lassen.

Was wäre richtig für eine Supermacht? Für eine Demokratie des 21. Jahrhunderts? Eine Nabelschau, einen kritischen Blick in den Spiegel wagen, ein reflektiertes Reagieren auf einen aufgedeckten peinlichen, schrecklichen, überzogenen Umgang mit Überwachung.

Amerika, das dem Ostblock jahrzehntelanges Überwachungsfehlverhalten „Stasi Methoden“ und Missbrauch an jeder Stelle während des kalten Krieges vorgeworfen hat.

Amerika, das Land der Freiheit und der Freiheitsrechte, das Land der freien Rede, des freien Denkens. Amerika kein bisschen besser als die so oft kritisierten Schurkenstaaten.

Natürlich kann Obama in Reden die Kraft und die Macht und die Energie der amerikanischen Bürger loben und für ein Zusammenstehen in schweren Zeiten werben. Ihm gelingt mit viel Überzeugungskraft ein gemeinsames Einstehen einer Nation weltweit zu suggerieren und dafür Bewunderung in Reportagen über das viel gelobte Land einzusacken.

Wie oft haben wir Europäer, zaudernd, ängstlich und wenig Nationensinn habend, mit Bewunderung über den großen Teich geblickt.

Wenn wir doch auch so wären wie die Amerikaner, ein Volk – gleich welcher Rasse, Hautfarbe oder Religion!

Aber wie bei jeder Fassade sieht man die Realität erst, wenn man dahinter blickt. Wie bei einer Opern Diva, wenn die künstlichen Wimpern abgenommen, die Theater Schminke entfernt und das Haarteil auf dem Schaumkopf liegt, erkennt man das wahre Antlitz.

Wenn Obama auf der internationalen Bühne die Klaviatur der Menschlichkeit, der Völkerverständigung und des Friedens spielt, dann klingt dies wie die Diva, die beseelt von Kunst und der Größe des Komponisten gleich einer Callas seelenvoll die Welt vergessen macht und nach beendetem Auftritt die Garderobiere schändlich schlecht behandelt.

Amerika redet von Freiheit und Gerechtigkeit und überwacht und bespitzelt im Namen von Sicherheit seine eigenen Bürger, Menschen weltweit.

Und dann gibt es da einen jungen mutigen Mann, einen Volkshelden á la Assange, einen modernen Ritter, einen, der die eine Backe hinhält und die andere und der zeigt, dass es immer Menschen gibt, die uns beschämen, die wir bewundern und denen wir dankbar sein müssen. Sie gilt es zu unterstützen, sich dafür einzusetzen, dass deren Mut nicht im Meer der Feigheit und Untätigkeit ergebnislos versinkt. Edward Snowden, wir danken dir!