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Monat Oktober 2016

Bla

Der Rechtstaat und der Richter

So manchen Fall von „Justiz Unbill“ hat es schon gegeben:

Ist Hans-Christoph Jahr ein solcher?

Er ging als der Pershing-Richter in die juristische Geschichte ein.

Vor vielen Jahren hatte er die Bundesregierung mit dem Vorwurf des doppelten Verfassungsbruchs überzogen.

Ein „Einzerjurist“, der mit 26 bereits mit summa cum laude promoviert hat.

Erfolgreich, ehrgeizig, klug und treffsicher.

So würde man ihn beschreiben.

Zunächst als Richter der die Strafbefehle gegen die Friedensbewegung unterzeichnete, als die Demonstranten der Friedensbewegung nach Sitzblockaden wegen Nötigung angeklagt werden sollten.

Er unterzeichnete damals die Strafbefehle.

Später legten einige der Angeklagten Widerspruch ein.

Als 32-jähriger Richter, der darüber zu entscheiden hatte, ob durch die Sitzblockaden der Tatbestand der Nötigung verwirklicht sei, hat er – nach Anhörung von Raketenexperten und Friedensforschern – in einem 90-seitigen Urteil entschieden, dass die Täter freizusprechen waren.

Dass dies bei den Obrigkeiten, Vorgesetzten und der Bundesregierung nicht gut angekommen sein kann, kann man unschwer erraten.

Eine Handhabe gegen den freien Richter ließ sich daraus jedoch nicht herleiten, man musste hinnehmen, dass ein Rechtsstaat ein Rechtsstaat ist und ein Richter nur dem Gesetz verantwortlich ist und nicht politischem Kalkül oder politischen Interessen dient.

Dass man sich das auch in einem Rechtstaat wie der Bundesrepublik nicht ohne weiteres leisten kann und darf, zeigte das Urteil, das acht Jahre später gegen ihn verhängt wurde.

Er habe in Bußgeldsachen versäumt, rechtzeitig zu verhandeln und in den verjährten Verkehrsdelikten doch noch verhandelt.

Einige Verfahren habe er eingestellt, in anderen Verfahren habe er das Bußgeld von 100 DM auf 70 DM reduziert um dem Täter einen Eintrag im Verkehrszentralregister zu ersparen.

Das Landgericht verurteilte ihn wegen Rechtsbeugung und Verfolgung Unschuldiger, woraufhin er im Jahr 1993 aus dem Justizdienst ausschied.

Jahre später – er hat zwischenzeitlich eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verbüßt – ist er Jura Professor in Wilhelmshaven.

Dort kandidiert er für einen Rektorenposten an der Hochschule Bremen.

Er setzt sich gegen den amtierenden Rektor durch und wird gewählt.

Als bekannt wird, dass er eine Freiheitsstrafe wegen Rechtsbeugung verbüßt hat, hält man ihn für untragbar.

Was ist daran so bedenklich?

Dass ein Mensch, der eine Freiheitsstrafe verbüßt hat, die möglicherweise nach rechtsstaatlichen Kriterien fraglich sein könnte, zehn Jahre nach deren Verbüßung wie ein stigmatisierter Verbrecher in seinem beruflichen Fortkommen darin gehindert wird, seiner Bildung und seinem Intellekt nach angemessen beschäftigt zu werden.

Einmal kriminell – immer kriminell?

Das zeigt die Geschichte von Hans-Christoph Jahr.

Kann das richtig sein?

Es mag Delikte geben, bei denen die Nachsicht und das Vergessen problematisch sein können – man denke an Menschen mit pädophilen Neigungen und einer Verurteilung wegen Kindesmissbrauch – dies kann aber nicht für ein Delikt gelten, das sich wohl in einem Bereich ereignet, der mit der jetzigen Tätigkeit des Betroffenen nichts mehr zu tun hat.

Ob der Rechtsstaat ein derartiges Verhalten erträgt?

Wohl schwer.

Zumindest ist es unerträglich, dass letztlich eine Stigmatisierung in Bereichen erfolgt, in denen dies weder angezeigt, noch adäquat ist.

Um es aber mit Jahrs eigenen Worten zu sagen:

„Es sind nicht die Gesetze und Vorschriften, die schlecht sind, es sind die Menschen, die diese falsch anwenden, die getrieben sind von Verfolgungswut, von Rache, von falschem Ehrgeiz oder falschem Anspruch, die Wertungen an Stellen setzen, an denen objektive Werte aussagekräftig sind, nicht jedoch subjektive Einschätzungen und Verfolgungstendenzen.“

Die Geschichte hat dies immer gezeigt und zeigt dies also nach wie vor:

Dass Menschen mit falsch verstandenem Ehrgeiz genauso gefährlich sind wie Straftäter.

Warum Sie schaden?

Sie schaden unseren Rechtsstaat!